Rezension von Peter Truniger zu: Goritz, Christoph / Michaelis, Margot / Peez, Georg (Hg.): Werkstatt Kunst. Band 1. Schulbuch für die Klassenstufen 5 und 6. Braunschweig (Schroedel Verlag) 2012 |
Band 1 von „Werkstatt Kunst“, herausgegeben von Peez, Michaelis und Goritz, ist auf Lernende ab der 5. Klasse ausgerichtet. Das ansprechend aufgemachte Buch lädt auf charmante und überzeugende Weise zum kunstorientierten Experiment und zum forschenden Gestalten. Unkompliziert und direkt regt es an zu entdeckendem Lernen. Ausgehend von einer grundlegenden Kompetenz gestalterischen Handelns – dem Wahrnehmen bzw. dem bewussten Hinsehen – wird in neun Themen-Einheiten ein breiter Zugang zu künstlerischen Erfahrungen ermöglicht.
Die Kapitel mit Überschriften, wie „Ich und meine Welt“, „Kunst mit dem Körper“ oder „Wir machen Druck“ verweisen sowohl auf typische gestalterische Themen (biografische Aspekte, Körper als Medium, Architektur) als auch auf künstlerische Verfahren (Zeichnen, Malerei, 3D, Narration, Drucken). In jeweils vier bis fünf Unterkapiteln werden Kinder und Jugendliche zu einer differenzierten Auseinandersetzung in gestalterischen Erlebnisräumen eingeladen. Ausgehend von exemplarischen künstlerischen Werken werden auf einer Doppelseite Impulse für Beobachtungen, Anregungen für einfache gestalterische Experimente sowie Arbeitsaufträge gegeben. So wird z.B. ausgehend von Beuys Performance mit einem Kojoten erläutert, was ein künstlerischer Zugang zu „Amerika“ sein kann.
Auf spielerische Weise werden Leserinnen und Leser mit Gegenwartskunst bekannt gemacht und mit künstlerischen Verfahren, die von Laien nicht auf Anhieb als solche erkennbar sind: Erwin Wurm mit seinen „One Minute Sculptures“ oder „Performance“ als künstlerische Ausdrucksform. Die Grenzen des traditionellen Zeichenunterrichts werden deutlich ausgeweitet. Anregend ist die wiederkehrende Aufforderung, Geschichten zu generieren, in den Abbildungen zu „lesen“ und das Wahrgenommene zu berichten. Recherche- und Konzeptmethoden (z.B. Mindmap) werden ebenso beiläufig und sinnstiftend eingestreut, wie grundlegende gestalterische Impulse, etwa beim Auftrag „Montage“: „Achte darauf, was vorne und was hinten sein soll.“ Nur selten gerät eine Thematik zur Anleitung, wie man sie aus anderen Lehrbüchern kennt.
„Werkstatt Kunst“ ist ein attraktives Buch, das einen Kunstunterricht initiiert, der heutigen Ansprüchen gerecht wird. Beim Blättern wird offensichtlich, dass es sich um eine reiche Inspirationsquelle handelt. Layout und Illustrationen machen neugierig und laden ein zum Verweilen und zur Vertiefung. Die gelungene Strukturierung der Informationen ermöglicht den Lernenden viel Selbsttätigkeit. Typische Arbeitsweisen und künstlerische Verfahren werden am Ende des Buchs prägnant erläutert. Hilfreich für eigenständiges Arbeiten sind ausserdem ein Künstler- und Personenverzeichnis sowie das Glossar.
Eine herausragende Stärke des Buchs ist der Verzicht auf Anleitungen, die auf ein festgelegtes Produkt zielen. Vielmehr bietet es genau das, was sein Titel andeutet: eine gut eingerichtete Werkstatt für eigene Produktionen. Sowohl für Lernende als auch für Lehrpersonen im Bereich Kunst und Design wird ein breites Spektrum an anspruchsvollen Themen für gestalterische Erfahrungen präsentiert.
erschienen in: „Werkspuren. Fachzeitschrift für Vermittlung von Design und Technik“, Heft Mai 2013