Fotografien im Rahmen qualitativer kunstpädagogischer Forschung

Georg Peez

Zusammenfassung / Abstract

Um einen methodenorientierten Überblick zum Einsatz von Fotos innerhalb der Ansätze qualitativer kunstpädagogischer Forschung zu geben, werden nach der Darstellung einiger fachspezifischer Grundlagen exemplarisch drei Ansätze der Forschungspraxis im Fach stellvertretend geschildert und unter methodischen sowie methodologischen Gesichtspunkten analysiert und zueinander in Beziehung gesetzt. Anhand dieser Analyse wird der gegenwärtige Forschungs- und Diskussionsstand in der Kunstpädagogik in Bezug auf die Nutzung von Fotos primär in triangulatorischen Verfahren reflektiert sowie ein fachspezifischer Ausblick auf die qualitative Forschungspraxis in Bezug auf die Fotoanalyse vorgenommen. Es wird aufgezeigt, dass es neben der sozialwissenschaftlich gerechtfertigten Herangehensweise an Fotos innerhalb qualitativer Forschung Wege gibt, die den bildbezogenen Eigenschaften von Fotos gerechter zu werden versuchen. Diese Wege gilt es, verstärkt zu erkunden und für erziehungswissenschaftliche Forschung insgesamt nutzbar zu machen.

1 Kunstpädagogik – Was sie ist und was sie will

Die Hauptaufgabe der Kunstpädagogik ist nicht die Vermittlung von Kunst, sondern ihre Grundintention zielt auf die Ermöglichung ästhetischer Erfahrungen im Bildnerischen (vgl. GRÜNEWALD 1998; KIRCHNER / OTTO 1998). Ästhetische Erfahrungen lassen sich sowohl produktiv im eigenen bildnerischen Gestalten als auch rezeptiv, etwa in der Kunstbetrachtung, aber auch im Alltag "in Ereignissen und Szenen“ machen, "die das aufmerksame Auge und Ohr des Menschen auf sich lenken, sein Interesse wecken und, während er schaut und hört, sein Gefallen hervorrufen“ (DEWEY 1934, S. 11). Um dieses Ziel, über das im Fach weitest gehender Konsens herrscht (vgl. STURM 1979; SELLE 1988, S. 30; BLOHM 1991; GRÜNEWALD / LEGLER / PAZZINI 1997; KIRCHNER / OTTO 1998, S. 5ff.), zu erreichen, wurden und werden allerdings sehr kontroverse didaktische Ansätze entwickelt. Ihre Beziehung zur bildenden Kunst ist demnach für die Kunstpädagogik zwar zentral, aber nicht allgegenwärtig.

Von der Entwicklung der zunehmenden Diffusion und Überlappung pädagogischer und gesellschaftlicher Bereiche (vgl. KADE 1997, S. 30ff.) ist auch die Kunstpädagogik betroffen. Verstärkt präsentieren etwa Künstlerinnen und Künstler in Ausstellungen wie der ‚documenta X‘ 1997 in Kassel kunstpädagogische Tätigkeiten als ‚Kunst‘ (vgl. PEEZ 1999). Inzwischen ist die Stellung der Kunstpädagogik im Fächerkanon der allgemein bildenden Schulen in manchen Bundesländern durch stetige Stundenreduzierungen bedroht. Angesichts solcher Indikatoren ist es sinnvoll, die Spezifika der Kunstpädagogik u. a. verstärkt wissenschaftlich zu konturieren, um das Profil des Faches zu klären. Hierzu soll in Bezug auf die qualitativ empirische Fotoanalyse ein Beitrag geleistet werden.

Abb. 1: Abb. 3, 4, 5 mit Bildlegenden (MANTHEY 1978, S. 37)

2 Drei exemplarische Ansätze zur Nutzung von Fotografien (1) in der qualitativen kunstpädagogischen Forschung

2.1 Fotografische Dokumentation

HILMAR MANTHEYs kurze Studie "Wie Claudia zeichnet“ (1978) zum Zeichenverhalten der siebenjährigen Claudia innerhalb seines Unterrichts ist ein monografisches Fallbeispiel, das sowohl inhaltlich als auch forschungsmethodisch komplexe Aspekte entfaltet, jedoch nicht interpretiert. Die der Studie zugrunde liegende Unterrichtsaufgabe des Lehrers an die Schulklasse lautete, in unmittelbarer Nachbarschaft der Schule zu fotografieren und zu zeichnen. Zuerst fotografiert Claudia ein Fachwerkhaus. Da es ihr aber "zu lange dauert, bis ein Foto entwickelt ist“ (MANTHEY 1978, S. 36), entschließt sie sich, auf dem Bürgersteig hockend zu zeichnen. MANTHEY dokumentiert Claudias ästhetische Auseinandersetzung mit dem Motiv Fachwerkhaus anhand von sechs Abbildungen. Die erste Abbildung ist das entwickelte Foto, das Claudia selbst aufnahm. Die sechste und letzte Abbildung ist die Reproduktion von Claudias Zeichnung des Hauses. Auf vier Fotos, die der Autor und Lehrer machte, dokumentiert er Claudias Körperhaltungen während des Zeichnens. Diese vier Fotos, von denen hier die letzten drei reproduziert sind (Abb. 1), versieht MANTHEY mit knappen Beschreibungen:

"Abb. 2: Claudia legt ihr Zeichenbrett (es ist extra klein – 30 x 35 cm – für die Kinder zugeschnitten, denn draußen brauchen sie eine Unterlage) auf den Bürgersteig, hockt sich davor, legt das Blatt zurecht und beginnt zu zeichnen.“ "Abb. 3: Dann – nach etwa fünf Minuten – hakt sie sich mit den Füßen hinter einem Mauervorsprung fest und zeichnet – Beine in die Luft, Arme aufgestützt – weiter.“ "Abb. 4: Claudia zeichnet Beine-hoch die Umrisse und das Dach des Hauses mit Querbalken und Girlanden. Dann setzt sie sich auf die Knie und zeichnet eine Zeitlang in dieser Stellung.“ "Abb. 5: Endlich hat Claudia ihre ‚Endstellung‘ gefunden: Sie legt sich vor ihr Zeichenbrett auf den Bürgersteig und zeichnet – ohne sich von neugierigen Passanten stören zu lassen – ihr Haus zu Ende.“ (1978, S. 36f.)

Der Autor fokussiert die Körperhaltungen, die Claudia während des Zeichnens einnimmt und nicht ihre bildnerischen Produkte. Er trägt hiermit einem in der kunstpädagogischen Forschung vernachlässigten Aspekt Rechnung, da qualitative Forschung neben der manifesten Kinderzeichnung meist nur die sprachlichen Äußerungen des Kindes zur Zeichnung dokumentiert (vgl. MOLLENHAUER 1996, S. 36ff.; NEUß 1998; PAUS-HAASE / KEUNEKE 1999; NEUß 1999). MANTHEYs Fallstudie, die keinen empirischen Anspruch erhebt, ist dennoch in mehrfacher Hinsicht für die Nutzung von Fotos innerhalb qualitativer Forschung aufschlussreich. MANTHEY arbeitet fotodokumentarisch und lässt zu einem erheblichen Anteil die Fotos ’sprechen‘, indem er keine Interpretationen bereitstellt. Der Autor beteiligt Betrachtende somit indirekt an der Analyse, und verleiht fototheoretisch gesehen (vgl. KEMP 1999, S. 27f.) dem Rezipientenstatus große Bedeutung. Hierdurch erfolgt eine Offenheit und Subjektivierung der Deutung von Forschungsmaterial. Da es Betrachtenden bzw. Lesenden nahe gelegt wird, ihre eigenen Schlüsse zu ziehen, ist der Vorwurf der Willkür an diese Form der Materialdarstellung und -aufbereitung, für die der Anspruch eines "Beispiels“ (HINKEL 1978, S. 36) geltend gemacht wird, nicht von der Hand zu weisen.

MANTHEYs Zurückhaltung bei der Interpretation seines Fotomaterials offenbart zudem eine Problematik qualitativer Empirie: Verfahren zur Interpretation solcher Fotos waren damals weder in der erziehungswissenschaftlichen noch in der kunstpädagogischen Forschung vorhanden und sie sind heute lediglich ansatzweise entwickelt (vgl. FUHS 1997, S. 265f.). Wie in der erziehungswissenschaftlichen Empirie werden Fotos auch in der kunstpädagogischen Forschung bis heute meist ‚illustrierend‘ (vgl. MOLLENHAUER 1997, S. 247) zur Stützung, selten zur Differenzierung von Ergebnissen genutzt, die auf der Grundlage verbal-sprachlicher Texte ermittelt wurden.

2.2 Dokumentenanalyse im Kontext kunstpädagogischer ‚Selbstdeutung‘

Eine umfangreiche qualitative Untersuchung im Bereich der kunst- bzw. kulturpädagogischen Institutionenforschung legte WOLFGANG ZACHARIAS in seiner Dissertation "Lebensweltliche Didaktik. Die Entstehung didaktischer Strukturen am Beispiel der Pädagogischen Aktion 1970 – 1980″ vor (1995). Die Forschungsfrage seiner qualitativen Längsschnittstudie formuliert er folgendermaßen: "Die PÄDAGOGISCHE AKTION (PA) als Initiative, Gruppe, Verein, Organisation in einem überschaubaren Zeitraum soll als Fallbeispiel dienen, in dem untersucht wird, wie welche didaktischen Strukturen mit einer zunächst den Entstehungszusammenhang selbst betreffenden Reichweite entstanden sind. Das Fallbeispiel ist die empirische Dimension der Untersuchung.“ (ZACHARIAS 1995, S. 147f.) Das Forschungsmaterial seiner Untersuchung sind "Dokumente, Daten und Erinnerungen, Selbstreflexionen“, "sozusagen als aufeinander verwiesene externe und interne Quellen“ (ZACHARIAS 1995, S. 157). Für diese selbstgestellte Aufgabe befindet sich der Autor nach eigenen Worten allerdings in der "besondere(n) Situation der Doppelrolle“, "Handelnder“ und "Forschender“ (ZACHARIAS 1995, S. 149) zugleich zu sein, denn er war von Beginn an ein führender Kopf der ‚PA‘.

ZACHARIAS charakterisiert sein "interpretatives dokumentengestütztes“ (1995, S. 157) Forschungsverfahren folgendermaßen: "In die Lücke zwischen ‚Dokumente/Texte‘ als realitätswiderspiegelndes Abbild und dieser gemeinten Realität selbst, der ‚Ursprungsszene‘, die unwiderbringlich vorbei ist und auch anders strukturiert war als das Ensemble der Texte/Bilder (…; G. P.), auf die sich die Dokumente beziehen, tritt der forschende Leser und Interpret quasi ‚interaktiv‘. Hier nun wird die Selbstbeteiligung und der autobiographische Bezug zum für die faktische Rekonstruktion verlorenen Ursprungszusammenhang, dem untersuchten Milieu als Chance der ‚Selbstdeutung‘ zum qualitativ entscheidenden Vorteil. Qualitative Interpretation (in der Dokumentenbearbeitung) und phänomenologische Deskription (z. B. als erinnernde Deskription) ergänzen sich dabei (…; G. P.).“ (1995, S. 159) Demgemäß beschreibt ZACHARIAS sein Verfahren als "ein eher methodisch untypischer und eigener Weg des Verhältnisses von Untersuchungsgegenstand und Dokumentenfundus“ (1995, S. 160); zumal der Autor den "in Kartons, Schubladen, Kisten“ (1995, S. 161) überlieferten Dokumentenfundus als "zufällig“ (1995, S. 161) bezeichnet, an dem sich die Inhaltsanalyse einzelner Worte und Sätze deshalb verbiete (vgl. 1995, S. 160f.). Zum Abschluss seiner Untersuchung erfolgt eine "qualitative Interpretation der Dokumentenanalyse und Datenbearbeitung PA 1970 – 1980″ (ZACHARIAS 1995, S. 254), um die Entstehung didaktischer Strukturen herauszufiltern.

In einem kurzen Kapitel bezieht sich der Autor auf Fotos, die innerhalb der "Aktion Spielbus“ im Jahre 1971 gemacht wurden.

"Bild 8: Unterstützung – Die Bierkistenbrücke

Sie wurde über den Fußweg gebaut: Bierkistentürme, Bierkistentreppe davor (billiges bzw. kostenfreies polyvalentes Baumaterial auch konstruktiver elementarer Funktionalität …), Bretter darüber, ihrer begrenzten Belastbarkeit und Länge wegen mit Stützpfeiler dazwischen. Es spielt im Prinzip keine Rolle für Gebrauch und Erfahrung, ob sie mit oder ohne Erwachsenenhilfe entstanden ist.

Nur eines ist wichtig: Die relative Sicherheit fällt in die Verantwortung der Pädagogen – Sichern, Helfen, Unterstützen, dies ist ein ‚pädagogischer Bezug‘. Der Betreuer (Dozent Fridhelm Klein, damals selbst Vater kleiner Kinder) prüft, sichert, hilft in Eingreifnähe, verbal und handgreiflich. Kein Mitarbeiter kann von dieser Dimension des zu Verantwortenden und des Unverantworteten, gleich was passiert, entlassen werden. Durch Beobachten, Mitmachen, Prüfen, Erklären, Sichern und Hinlaufen, sich Einmischen und im Notfall auch entscheidend, entschieden Handeln wird pädagogisch aktiv ins Spiel eingegriffen – mit Begründungen, aber eben auch mit unmittelbarer Intervention.

In einer derartigen offenen Situation ist der vermeintlich ruhiggestellt-untätige Pädagoge hellwach und angespannt, nimmt er seine Professionalität ernst und füllt sie aus.“ (ZACHARIAS 1995, S. 197) (Abb. 2)

Abb. 2: "Bild 8: Unterstützung – Die Bierkistenbrücke“ (ZACHARIAS 1995, S. 197)

ZACHARIAS thematisiert in diesem Textauszug zum Foto die allgemeinen Funktionen pädagogisch Tätiger innerhalb der Spielaktion; so z. B. das "Sichern, Helfen, Unterstützen; dies ist ein ‚pädagogischer Bezug'“ (1995, S. 197) 2 sowie das "Beobachten, Mitmachen, Prüfen, Erklären, Sichern und Hinlaufen“ (1995, S. 197). Diese Funktionen differenziert er und setzt sie so zueinander in Beziehung, dass sich hieraus an anderer Stelle der Untersuchung didaktische Aspekte der Aktion filtern lassen. ZACHARIAS analysiert das Foto "Die Bierkistenbrücke“ nicht im eigentlichen qualitativ-empirischen Sinne, sondern er benutzt es, um die damaligen pädagogischen Absichten und Handlungen zu erläutern, näher einzugrenzen, auch um sie zu rechtfertigen. Die Verbindung wissenschaftlicher Absichten mit didaktischen Rechtfertigungen und biografischen Aspekten in ZACHARIAS‘ Arbeit zeigt sich ferner bei seinem Hinweis auf einen der Betreuer. Die Integration von damaliger pädagogischer Arbeit und dem Privatleben der Betreuenden legt der Autor mit dem Hinweis der Überschneidung von privater Vaterrolle und Pädagogentätigkeit nahe.

2.3 Fotografische Dokumentation von Interviewthemen

Die Untersuchung "Leben mit den schönen Dingen. Anpassung und Eigensinn im Alltag des Wohnens“ des Kunstpädagogen GERT SELLE und der Redakteurin JUTTA BOEHE erforscht in drei Fallstudien die u. a. individuell, sozial und biografisch beeinflusste Aneignung von Dingen in Wohnungen (vgl. 1986). Die Forschungsfragen der Untersuchung lauten u. a.: "Was sind und wie entstehen konkrete Gegenstandsbeziehungen im Einzelfall? Wie weit reichen sie zurück und in die Zukunft?“ "Was heißt gegenständliche Aneignung in unterschiedlichen sozialen Lebenswelten?“ (SELLE / BOEHE 1986, S. 54) 3 Die Forschungsmaterialebenen von BOEHE und SELLE sind transkribierte Interviews und fotografische Dokumentationen über alle Wohnräume von drei untersuchten "Mittelschichts“-Familien (1986, S. 55), die jeweils im proletarischen, kleinbürgerlichen und bürgerlichen Milieu sozial verwurzelt sind.

Zu ihrem Erhebungsverfahren schreiben sie: "Die Fotos wurden vor dem großen Interview angefertigt und in ein Album geordnet, das den visuellen Leitfaden für den ersten Teil des Gesprächs bildete.“ "Darin äußerten sich Mann und Frau (wir haben nur Paar-Studien gemacht) zunächst gemeinsam zu ihrem Besitz und ihrer Geschichte. Während sich hier oft Diskussionen oder Dialoge zwischen den Befragten ergaben, erzählte im zweiten Teil des Gesprächs nur jeweils eine Person von ihren Kindheits- und Jugendumwelten. Gefragt wurde an Hand eines flexiblen Leitfadens, der situative Reaktionen ermöglichte und die Gespräche nicht einengte. Unsere Interpretationen bezogen sich dann auf den gesamten Bild- und Textmaterialbestand in zwei Abschnitten oder Schritten. Der erste Analysedurchgang blieb einem zunächst phänomenologisch-ordnenden und allmählich aufbauend-interpretierenden Verfahren treu, erst der zweite Durchgang berücksichtigte das ganze sozialbiographische und psychohistorische Material.“ (SELLE / BOEHE 1986, S. 53f.; Herv. im Original) Beispielhaft für die Untersuchung im Rahmen dieser "Fotobefragung“ bzw. "fotografischen Dokumentation von Interviewthemen“ (FUHS 1997, S. 281) ist folgender Textausschnitt:

Abb. 3: ohne Bildlegende (SELLE / BOEHE 1986, S. 146)

"Auch sie (die Tellersammlung an der Wand; G. P.) ist ein gemeinsames Produkt, allerdings muß sie im Gegensatz zur ‚Steine‘-Sammlung als abgeschlossen gelten. Auch sie wirft ein Licht auf das Paarverhalten. Die Sammlung begann spontan auf einem Einkaufsbummel, bei dem Frau Z. in einem Porzellangeschäft einige Teller ‚auf Anhieb‘ gefielen, so daß sie beschloß, sie ihrem Mann zum Geburtstag zu schenken. Herr Z.: ‚Schenkt sich selber mir was, ja.‘ (Beide lachen)

Wir hatten irrtümlich einen Komplettkauf zu Dekorationszwecken angenommen. Erst durch das Gespräch wurden wir informiert, daß jeder der zwölf Teller mit einem Vogel- und Pflanzenmotiv einen Monat des Jahres symbolisiert (…; G. P.).

Herr Z.: ‚Das heißt, diese Vogelwelt spielt sich eigentlich, ich glaube, das kann man wohl sagen, auch bei uns ab, die wir viel hier draußen auch sehen, gerade um diese Jahreszeit. Den ganzen Tag kommen hier die Amseln und holen sich diese Beeren. (…) Ja, und vorne ist ’n Futterhäuschen, und das spiegelt sich alles so ’n bißchen in diesen Jahreszeiten ganz bewußt wider. Jetzt im Sommer haben die Amseln hier genistet und dieses Rotschwänzchen hier vorne am Haus und so, meine Frau tut auch einiges dafür, damit die Vögel hier nisten.‘

Frau Z.: ‚Dazu muß ich noch dann sagen: Also eben diese Vorliebe für Vögel, die habe ich auch schon aus frühester Kindheit, ich kann mich erinnern, daß ich also zu Hause Vögel beobachtet habe. Dann hab ich meine Mutter bekniet, mir zu Weihnachten mal ’n Vogelbuch zu kaufen. ’53 war das, glaube ich, steht noch drin. Das hatte ich mir gewünscht, also …‘

Herr Z.: ‚Da paßte das so ’n bißchen. Uns gefiel das eigentlich auch von der darstellenden Kunst her. Und dann hat’s uns gereizt, sag ich mal, weil wir sie gar nicht alle auf’n Mal kriegen konnten.‘

Frau Z.: ‚Es war aber auch ein ganz spontaner Kauf, müssen wir dazu sagen.‘

Herr Z.: ‚Ja.‘

Aus der Andeutung von Herrn Z. schließen wir, daß die Malerei auf den Tellern den Geschmack der Z.s getroffen hat. Vermutlich ist das Vogelmotiv aber bedeutsamer; es steht für ein Stück Lebens- und Aneignungsgeschichte, worauf die Bemerkung zielt, es habe ‚ziemlich gestört‘, daß es anfangs um den Neubau des Hauses herum keine Vögel und Pflanzen gab. Das Heranziehen der Vögel ist Teil der Aneignungsgeschichte des neuen Hauses, Teil seiner Bewohnbarmachung, in der sich das Vogelmotiv der Teller mit der Kindheitsliebe zu Vögeln bei Frau Z. überdeckt. Ähnlich wie beim großen Wohnzimmerschrank haben wir hier ein Beispiel, wie ein Allerweltsprodukt, eine Ware, zu einem mehrschichtigen bedeutungsvollen Beziehungsobjekt im Laufe einer Aneignungsgeschichte werden kann.“ (SELLE / BOEHE 1986, S. 148f.) (Abb. 3)

Aspekte der kommunikativen Validierung aus der Aktionsforschung tauchen bei den Interviews dann auf, wenn die Befragten im Gespräch Sachverhalte klarer als zuvor zu erkennen glaubten. "Wir hatten dann den Eindruck, daß unsere Arbeit Sinn im Selbstbewußt-Werden für das Gegenüber gewann.“ (SELLE / BOEHE 1986, S. 55) Diese Form der Distanzierung von der eigenen Wohnumgebung gelang entscheidend durch den Einsatz der Fotografien. BOEHE und SELLE greifen zudem auf die dokumentarische Methode der Interpretation nach HAROLD GARFINKEL (vgl. SELLE / BOEHE 1986, S. 54) zurück. Phänomenologische Ansätze werden ebenso angewendet, wie Verfahrensaspekte der Gegenstandsorientierten Theoriebildung (vgl. SELLE / BOEHE 1986, S. 54f.) und "tiefenhermeneutische Ansätze“ (SELLE / BOEHE 1986, S. 54). In der Darstellung der Untersuchungsergebnisse stehen Abschnitte enger Materialauslegung neben solchen mit Verallgemeinerungstendenz. Eine solche Mischung verschiedener Verfahren bildet in qualitativen Untersuchungen in der Kunstpädagogik keine Ausnahme. Einer methodologischen Konturierung der Rolle, die die Fotos innerhalb des Forschungsprozesses spielen, ist dieses Vorgehen keinesfalls zuträglich. Einem möglichen Vorwurf mangelnder Methodenstringenz, der hierauf geäußert werden könnte, wird mit dem Anspruch, lediglich "der Korrektur bedürftige und offene analytische Entwürfe“ (SELLE / BOEHE 1986, S. 54) innerhalb einer explorativen Studie erarbeiten zu wollen, sowohl auf der Ebene der Erhebungsverfahren als auch auf der Ebene der Analyse begegnet.

2.4 Zwischen-Resümee

Das gegenwärtige Erscheinungsbild zum Einsatz und zur Funktion von Fotos in qualitativen kunstpädagogischen Untersuchungen ist disparat und methodologisch bisher wenig gesichert (vgl. PEEZ 2000). Folgende fünf Tendenzen kristallisieren sich heraus:

– Fotos nehmen heuristische Funktionen ein, indem sie für die offene Erkundung eines Feldes eingesetzt werden.

– Durch den Vorgang des Fotografierens wie auch durch Fotos als "visuelle Leitfäden“ (SELLE / BOEHE 1986, S. 53f.) kann innerhalb der Materialerhebungsphase soziale Interaktion im Forschungsfeld initiiert werden, die wiederum festzuhalten und auszuwerten ist. Ein solches Verfahren wendet auch WOLFGANG ELGER (vgl. 1983) an, indem er Rollenspiele, die Jugendliche über ihre Situation in Heimen darstellen, von den Jugendlichen mit der Videokamera filmen lässt. Führen die Probanden selbst die Kamera, so kann die Hierarchisierung zwischen ‚beforschter‘ und forschender Person gemindert werden.

– Fotografisches Forschungsmaterial wird in dokumentarischer, teils illustrierender Absicht ohne Interpretation präsentiert (vgl. STROHSCHEIN 1979; WÜBBENA 1992; PETERS 1996; STEINMÜLLER / MOHR 1998; KIRCHNER 1999). Für ein solches Vorgehen mag innerhalb der Kunstpädagogik sowohl die weit verbreitete grundsätzliche Skepsis "gegen Interpretation“ (SONTAG 1964) handlungsleitend sein (vgl. Abschnitt 3.1) als auch die rezeptionsästhetisch begründete Stärkung der Rezipientenrolle innerhalb der Kunst- und Medientheorie.

– Fotos sind Ausgangspunkte für Dokumentenanalysen und werden in der Auswertungsphase mit verbalem Material kombiniert bzw. trianguliert. Dies geschieht häufig, wenn zeitlich weiter zurückliegende Ereignisse analysiert werden (vgl. ZACHARIAS 1995; TEBBEN 1997). 4 Im fotografischen Dokument wird ein "besonderes Zeitverhältnis“ (KEMP 1999, S. 31) zwischen dem abgelichteten vergangenen Ereignis, der präsenten Fotografie selbst, und den Betrachtenden erfahrbar.

– Fotos dienen als Mittel der professions- und handlungsbezogenen Selbst-Reflexion. Eine Phasierung des Forschungsprozesses in Materialerhebung, – aufbereitung und -auswertung verliert zugunsten tagebuchähnlicher Erkundungsformen an Bedeutung, in denen sich bereits Beobachtungen und spontane Interpretationen abwechselnd eng oder assoziativ auf einander beziehen.

Sollen Fotos als eigenständiges Forschungsmaterial in der kunstpädagogischen Empirie verstärkt an Einfluss gewinnen, müssen ihre Spezifika im Rahmen der Bearbeitung verschiedener methodologischer Fragen diskutiert werden; hier bieten die kunsttheoretische und kunstpädagogische Literatur wichtige Anküpfungspunkte sowie Wege in ein neues, noch unerschlossenes Forschungsterrain.

3. Ausblick: Fachspezifisch plurale Zugänge zur Nutzung von Fotografien in kunstpädagogischer qualitativer Forschung

3.1 Im Spannungsfeld zwischen Kunst, Pädagogik und Wissenschaft

Das Spannungsfeld zwischen ‚Kunst‘ (bzw. Fotokunst), ‚Pädagogik‘ und ‚wissenschaftlicher Forschung‘ erfordert die Berücksichtigung von Erkenntnissen aus mindestens drei komplexen Bezugssystemen, die sich alles andere als kongruent aufeinander beziehen lassen. Die Disparatheit von Aspekten aus allen drei Bezugssystemen prägt das kunstpädagogische Selbstverständnis in Theorie und Praxis grundlegend. Sie prägt zugleich die kunstpädagogische Herangehensweise an qualitative Forschung. Um diesen Umstand zu verdeutlichen wird an dieser Stelle nicht an die wissenschaftstheoretische Diskussion angeknüpft, sondern als beispielhaft für dieses Spannungsfeld wird vielmehr das Konzept der ‚künstlerischen Feldforschung‘ der Performance-Künstlerin LILI FISCHER herangezogen, die an der Kunstakademie Münster als Professorin in kunstpädagogischen Studiengängen (insbesondere für den Primarstufenbereich) lehrt.

FISCHERs Veröffentlichung "Primäre Ideen. Hand- und Fußarbeiten aus der Kunstakademie Münster“ (1996) dokumentiert beispielsweise Projekte, die sie als "künstlerische Feldforschung“ (FISCHER 1996, S. 10ff.) bezeichnet. Seit den Siebzigerjahren übertrug FISCHER recherchierende Handlungsformen aus dem wissenschaftlichen Kontext der Ethnologie und Ethnografie (vgl. FISCHER 1983) auf die künstlerische Performance und transformierte sie hierbei zu Mitteln ästhetischen Ausdrucks. Insbesondere bezog sie soziologische, anthropologische und ökologische Aspekte in ihr Werk mit ein. Weil eine explizite Interpretation ihres Materials nicht erfolgt, kann LILI FISCHERs "Feldforschung“ im engeren Sinn jedoch nicht der qualitativen Forschung zugerechnet werden, sondern sie lässt sich als ein bewusst inszeniertes Entgrenzungsphänomen zwischen Kunst, Pädagogik und wissenschaftlichen Forschungsverfahren verorten und interpretieren. Deshalb ist hier zumindest in einer wissenschaftlichen Terminologie korrekter von Feldaufzeichnungen zu sprechen. 5 Bei FISCHER sind Interpretationsansätze meistens nur insoweit vorhanden, als sie Teil der Tagebücher oder der Reflexionen in den Seminaren selbst sind. Eine Erklärung für das Fehlen von Interpretationen mag sein, dass Künstlerinnen und Künstler sich scheuen, ihre künstlerischen Handlungsformen, auch wenn sie in pädagogische und wissenschaftliche Bereiche hineinreichen, mit einer wissenschaftlich intersubjektiv abgesicherten Sprache zu analysieren. Fotografien wären demnach – indirekt gegen die Vereinnahmung durch semiotische Ansätze gerichtet, wie sie u. a. LUDWIG DUNCKER vorträgt (vgl. 1999, S. 12ff.) – nicht ‚lesbar‘ (vgl. DUNCKER 1997, S. 165) oder ‚grammatikalisch‘ (vgl. DUNCKER 1999, S. 13) im Rahmen einer "ästhetischen Alphabetisierung“ (DUNCKER 1997, S. 165) verstehbar.

FISCHERs Dokumentationen sind aber durchaus für in der Kunstpädagogik qualitativ Forschende relevant, weil in ihnen feldadäquate Formen der Präsentation von ästhetischen Prozessen und Produkten auch mittels Fotografien eröffnet sind, die Aspekte qualitativer Erkundungen und "qualitativen Denkens“ (MAYRING 31996, S. 9ff.) enthalten. Denn für Forschung im Bereich der Kunstpädagogik stellt sich immer die Frage nach der Art und Weise einer Dokumentation gestalterischer, ästhetischer und sozialer Prozesse, die dem Fach und seinen Spezifika angemessen sind. Die ‚lebendige‘, kreative, subjektive, oft spielerisch-lustvolle und informative Verbindung bei FISCHER von Konzeptions- und Szenenzeichnungen für die künstlerischen Prozesse, von Fotos zum Ablauf der Seminare, von tagebuchähnlichen Aufzeichnungen der Seminarleiterin und der Studierenden, von meist stichwortartigen Protokollen der Beteiligten und der Vorstellung von Abschlussprodukten enthält zweifellos vielfältige methodische Anregungen, sowohl zur Generierung von Forschungsmaterial als auch zur Darstellung von Forschungsprozessen. Als den beobachteten ästhetischen Prozessen gemäße Dokumentationsformen können sie deshalb gelten, weil mit ihnen nicht versucht wird, solche Prozesse vorschnell zu kategorisieren.

Was an FISCHERs Veröffentlichung für qualitativ Forschende außerdem anregend sein kann, ist die Art und Weise von FISCHERs tagebuchähnlicher Dokumentation. Sie orientiert sich vor allem an Methoden der Aktionsforschung und berücksichtigt den Einfluss eigenen Handelns auf die Beteiligten als Teil der Feldaufzeichnungen. Ein häufig empfohlenes Forschungs- oder Feldtagebuch (vgl. D. FISCHER 1997), u. a. als wichtiger Dokumentationsform einer Teilnehmenden Beobachtung mit selbstreflexiven Anteilen der Forschenden könnte im Bereich der Kunstpädagogik mit dem Schwerpunkt der zeichnerischen und fotografischen Dokumentation so oder so ähnlich verfasst sein.

3.2 Handlungsbezogene-didaktische Tradition vs. Verwissenschaftlichung

Kunstpädagogik verstand sich lange Zeit primär als Handlungswissenschaft (vgl. OTTO 1978). Ihre Überlegungen bezogen sich fast ausschließlich auf die didaktisch-methodische Umsetzung kunstpädagogischer Inhalte und Ziele im schulischen Kunstunterricht. Beispielhaft hierfür war der profilierte Kunstpädagoge GUNTER OTTO, welcher nie empirisch forschte. Neben handlungsbezogen ausgerichteten Fallberichten und Fallbeschreibungen (vgl. u. a. SELLE 1994; 1998) lassen sich qualitative Forschungsansätze kaum außerhalb von wissenschaftlichen Qualifikationsarbeiten finden. Dieser professionsspezifische Handlungsbezug wirkt sich auch auf Fotoanalysen in der Kunstpädagogik insofern prägend aus, als häufig ein ‚empathisch-naher‘ Blick – im Gegensatz zu einem ‚distanziert-analytischen‘ Blick – auf Forschungsmaterial festzustellen ist (vgl. Abschnitt 2.2). Ein wichtiger Motivationsgrund für qualitative Forschung in der Kunstpädagogik ist deren Nutzung zur Reflexion des eigenen Unterrichts (vgl. MANTHEY 1978; MANTHEY-BAIL 1994; TROSCHKE 1992; FISCHER 1996). Dieser berufsbezogenen Selbst-Aufklärung der eigenen Praxis dient auch häufig der Einsatz von Fotos.

Eine verstärkte Etablierung der Kunstpädagogik innerhalb wissenschaftlicher Diskurse sowohl in Bezug zur Kunsttheorie als auch insbesondere in Bezug zur Erziehungswissenschaft ist mithilfe der Fotoanalysen im Rahmen qualitativer Forschung durchaus sinnvoll und deshalb anzustreben (vgl. Abschnitt 1). Dieses Ziel wäre durch eine Akzentuierung und Stärkung kunstpädagogischer Identität nach ‚innen‘ und nach ‚außen‘ durch die Verwissenschaftlichung eines ihrer Teilbereiche – nämlich der qualitativen Fotoanalyse – anzustreben.

3.3 Analysierende Zugänge zu Fotos durch (Um-)Gestaltung

Kunstpädagogisch Tätige sehen sich sowohl in Bezug auf die Produktion als auch die Rezeption häufig als "Experten für das Bild“ (FREIBERG 1998, S. 13), so der an der Hochschule der Künste in Braunschweig lehrende Kunstpädagoge HENNING FREIBERG. Ohne die ästhetiktheoretischen Implikationen des Bildbegriffs aufzuwerfen (vgl. SONTAG 1980, S. 146), sind für die Kunstpädagogik jedwede ‚Bilder‘ – gerade auch Fotografien (vgl. TEBBEN 1992, S. 140; WICK / KRAUTZ 1996, S. 17) – zentral; hierfür ist zunächst zweitrangig aus welchen Zusammenhängen sie stammen und mit welchen technischen Werkzeugen bzw. Medien sie erstellt wurden. Demnach ist der Frage nachzugehen, welche Verstehens- und Analyseverfahren die Zugänge zu dieser bildbezogenen Fachspezifik eröffnen. Die Kunstpädagogik gibt auf diese Frage sehr vielfältige Antworten. Kunstpädagogik nutzt kunsthistorische Methoden (ikonologische und ikonografische Analysen), formal-analytische Farb-, Kompositions- und Materialanalysen, hermeneutische (z. B. semiotische oder biografisch-psychologische) Verfahren und auch sozial-historische sowie rezeptionsästhetische Zugänge.

Der Kunstpädagoge AXEL VON CRIEGERN entwirft und gliedert "Konzepte künstlerischer Auseinandersetzung“ (1999) mit bildnerischen Werken, die er selbst exemplarisch erprobt und ‚durchspielt‘. Er versucht, "die künstlerische Auseinandersetzung mit einem Bild den wissenschaftlichen Untersuchungen gleichrangig an die Seite zu stellen“ (1999, S. 40). Hiermit beabsichtigt er, der "offene(n) künstlerische(n) Kommunikation über Bilder und Kunst in Verbindung mit wissenschaftlichen Erkenntnissen neue Wege der Bildforschung“ (1999, S. 40) zu öffnen. Gegliedert sind diese Formen der Auseinandersetzung in "Rekonstruktion“, "Dekonstruktion“ und "Konstruktion“ (V. CRIEGERN 1999, S. 42f.; V. CRIEGERN in KIRSCHENMANN / SCHULZ 1999, S. 46f.). Der "Rekonstruktion“ sind alle Umgangsformen zuzuordnen, die das Bild in seiner ursprünglichen Bedeutung verständlich machen (z. B. ikonografische Analyse, Kompositionsanalyse, Ausschnitte, detailgetreues Abpausen oder Abzeichnen). Bei der "Dekonstruktion“ wird das Bild zerlegt, verändert und neu zusammengefügt (z. B. mittels digitaler Bildbearbeitung am Computer, Montage mit anderen Bildern, Umsetzung in einen Cartoon). In der "Konstruktion“ dient das ‚Vorbild‘ der Entwicklung eigener Bildideen und -konzepte. "Es geht um die künstlerische Reflexion des Ausgangsbildes auf Metaebenen und um individuelle künstlerische Antworten auf das Bezugbild.“ (V. CRIEGERN 1999, S. 43) 6 In solchen experimentellen Zugangsformen werden exemplarisch eigenständige fachspezifische Wege der Werkerkundung gewiesen, die über eine kunstwissenschaftliche Analyse hinausgehen. Solche experimentellen Verfahren werden allerdings bis jetzt lediglich auf die Bildanalyse von Kunstwerken, nicht im Rahmen qualitativer Fotoanalysen angewandt.

In der bildenden Kunst selbst werden vielfach solche nonverbalen Erkundungsformen mittels Fotografien und fotografischer Inszenierungen entwickelt, etwa durch CHRISTIAN BOLTANSKI (vgl. GUMPERT 1992), UTE WEISS-LEDER (vgl. SCHAFFNER / WINZEN 1997, S. 130ff., 282ff.) oder JOHN BERGER und JEAN MOHR (1984). Fotografische Werke des Popart-Künstlers DAVID HOCKNEY stehen exemplarisch für diese Erkundungsformen. In HOCKNEYs Fotocollagen – zusammengesetzt aus vielen einzelnen Detailaufnahmen – werden nicht nur die Perspektiven- und Ausschnitthaftigkeit des fotografischen Zugangs ersichtlich. Zugleich ist das fotografische Werk bereits Interpretation, in der Art wie HOCKNEY etwa die Hände des Bildhauers HENRY MOORE in den Blick rückt (Abb. 4). Das fotografische Werk ist nicht in einem möglichen folgenden Schritt verbal-sprachlich zu interpretierendes Material, sondern es ist bereits selbst ein eigenständiger bildnerischer Deutungsansatz. Bisher wurde jedoch methodologisch nicht erkundet, wie sich diese Merkmale bildnerischer Deutungsansätze auf Fotoanalysen innerhalb qualitativer erziehungswissenschaftlicher Forschung auswirken (könnten).

Abb. 4: DAVID HOCKNEY: "HENRY MOORE Much Hadham, 23rd July 1982″; 53 x 36 cm; zusammengesetzt aus 24 Polaroid-Fotos. Der Maler und Zeichner DAVID HOCKNEY portraitierte den Bildhauer HENRY MOORE, indem er 24 Polaroid-Fotos zu einem ‚ganzen‘ Bild zusammensetzte. Die Persönlichkeit und insbesondere die ‚Sprache der Hände‘ des Bildhauers erschließt sich erst durch die unterschiedlichen Teilansichten

3.4 Hypermedia

In die nahe Zukunft blickend lässt sich begründet absehen, dass die Möglichkeiten, die die digitalen Medien und Datenträger für die Text- und Fotoverarbeitung und Materialaufbereitung bieten, langfristig die Formen des Forschungsmaterials und somit auch die Erhebungsverfahren beeinflussen werden (vgl. HUBER 21995, S. 243ff.; STOKROCKI 1997, S. 41f.; WILD / BECK 1998, S. 11f.). Auf CD-ROM lassen sich Videosequenzen, Fotos, Grafiken, Zeichnungen (wie Mind-Maps oder Mental-Maps) und Bildwerke, wie Kinderzeichnungen (EUCKER 1999) sowie verbalsprachliches Forschungsmaterial, etwa Interviewausschnitte, nicht nur speichern, sondern es ist beispielsweise möglich, dass sich am Monitor bestimmte Bereiche z. B. auf Fotos oder Bildern anklicken lassen, woraufhin jeweils entsprechende Interpretationsansätze abrufbar sind, welche wiederum über Hypertext miteinander verbunden sind. Sequenziert in Bild und Wort festgehaltene Forschungsmaterialien und -prozesse ließen sich problemlos wiederholt abspielen. Diese technologische Entwicklung wird es wesentlich erleichtern, auch anderes Forschungsmaterial als lediglich Schriftsprache für Rezipienten der Forschung aufzubereiten und nachvollziehbar zu präsentieren. Rohdatenmaterial, ‚Suchwege‘ und Interpretationsergebnisse können mit dieser Technologie direkt miteinander verbunden werden, d. h. die ursprünglichen Rohdateninformationen sind noch am Ende eines Suchweges direkt abrufbar (WILD / BECK 1998, S. 12).

Für Kunstpädagogik sind Gestaltungsmedien zugleich Unterrichtsgegenstände und Vermittlungsmedien; dies gilt auch für Hypermedia (KIRSCHENMANN / PEEZ 1998), weshalb Kunstpädagogik für die hypermediale Aufbereitung von Forschung zukünftig durchaus einen wichtigen Beitrag leisten könnte. Entscheidend für die Aufbereitung von Forschungsmaterial auf digitaler Basis wird sein, dass das Rohdatenmaterial, insbesondere Videosequenzen, nicht getrennt, sondern mit der gleichen Software verwaltet werden können wie Textmaterial und Interpretationsergebnisse. Als Problem bei solchen Formen der Veröffentlichung von authentischem Forschungsmaterial muss freilich die Wahrung der Datenschutzrechte der einbezogenen Personen und Institutionen neu beachtet werden (vgl. DGfE 1997; WILD / BECK 1998, S. 11). Die digitale und multimediale Präsentation von Forschungsmaterial klärt ferner nicht automatisch die Frage, mit welchen wissenschaftlichen Verfahren dieses Material angemessen zu interpretieren ist.

4 Resümee: Ästhetik und Nutzwert

Ob in der bildenden Kunst, im Bereich der visuellen und elektronischen Medien oder in der qualitativen Forschung, Fotografie ist grundsätzlich von drei sich wechselseitig beeinflussenden Standpunkten bzw. Konstitutionsfaktoren aus zu betrachten – so der Stand der gegenwärtigen Theorieentwicklung:

(1) das Medium selbst in seiner Charakteristik,

(2) die Produktionsaspekte und -umstände sowie

(3) die Rezeptionsseite (vgl. KEMP 1999, S. 24, 37).

Je nach Theoriemodell und forschungsmethodologischer Grundeinstellung kann jeweils ein Konstitutionsaspekt dieser Trias im Vordergrund stehen und inhaltlich komplex, teils kontrovers differenziert werden; die beiden anderen Gesichtspunkte sind jedoch nicht zu ignorieren.

Die Fotografie nimmt innerhalb qualitativer Forschung eine konstitutive Stellung zwischen der ‚Wirklichkeit‘, also dem "vorfotografischen Ereignis“ (BURGIN 1977 nach KEMP 1999, S. 28) – ROLAND BARTHES spricht vom "fotografischen Bezugsobjekt“ (1980, S. 283) – und der verbalsprachlichen Analyse ein. Unter der Berücksichtigung der umrissenen Trias stellt sie Beobachtetes nicht nur dar, sondern sie präsentiert und prägt es in den ihr eigenen Formen.

Ein in der Kunstpädagogik auch didaktisch bearbeitetes Phänomenmerkmal (vgl. TEBBEN 1992, S. 141) markiert einen tiefgreifenden Unterschied, der gegen die Gleichbehandlung aller ‚Bilder‘ spricht: Die fotografische Aufnahme ist ein optisch-chemisch oder optisch-elektronisch erzeugtes Lichtbild, die Aufzeichnung einer Emanation (Lichtwellen, die von den Gegenständen reflektiert werden). "Wir nehmen Fotografien als eine besondere Spezies Bild wahr, weil wir wissen, daß bei ihrer Entstehung das Objekt ursächlich mitwirkte.“ (KEMP 1999, S. 30) Was jeweils zu analysieren ist, sind erhobene Materialformen, also in diesem Falle Fotografien, nicht das unmittelbare Denken und Handeln zu untersuchender Personen. 7 Die ‚Welt des Textes‘ (vgl. ACKERMANN 1994, S. 200), 8 verhält sich allerdings "parasitär“ (KADE / SEITTER 1996, S. 30) zur ‚ersten Wirklichkeit‘, zu einem Ereignis. Somit bleiben die erhobenen Materialformen doch eine Quelle, um etwas über die ‚erste Wirklichkeit‘ zu erfahren (vgl. FLICK 1995, S. 194f.). Die Herausforderung, vor die uns das Medium Fotografie in vielen Verfahren qualitativer Analysen bisher stellt, ist, Fotos zunächst in Verbalsprache zu ‚übertragen‘ (vgl. ACKERMANN 1994, S. 197; HAUPERT 1994), denn ‚empirisch forschen‘ heißt "methodenorientiertes Herstellen konsensueller kommunikativer Stabilitäten nach wissenschaftlichen Kriterien“ (SCHMIDT 1994, S. 135). Die Skepsis gegenüber solchen Übertragungen, dass nämlich der bildhafte Reichtum des Materials linguistisch nicht ausgeschöpft werden könne, liegt auf der Hand, da es sich beim Foto um optisch-chemisch bzw. -elektronisch archivierte, nicht linguistische Zeichen handelt.

Die hiermit in Beziehung stehende Diskrepanz zwischen einer wissenschaftlichen Regeln folgenden Lesart und einer ‚anderen‘, ungesteuerten Rezeption von Fotografien untersuchte ROLAND BARTHES in seinem späten Aufsatz "Das Grundprinzip der Fotografie und die zwei Arten des Interesses an Fotografie“ (1980). Die erste ‚Art‘ bezeichnete BARTHES als "studium“ (1980, S. 285). Hier handelt es sich um das ‚Lesen‘, auch die distanzierte, souveräne Analyse einer Fotografie in ihrem kulturellen und historischen Kontext. Das zweite Element, "welches das studium aus dem Gleichgewicht bringt“, benennt BARTHES mit "punctum“ (1980, S. 285): Betrachtende suchen nicht nach Deutungen, "sondern das Element selbst schießt wie ein Pfeil aus seinem Zusammenhang hervor, mich zu durchbohren.“ "Das punctum einer Fotografie, das ist jenes Zufällige, das mich an ihr be-sticht (mich aber auch verwundert, peinigt)“ (BARTHES 1980, S. 285; Herv. im Original). Herrschen im "studium“ das Übersetzen und Benennen vor, so trifft das Gegenteil auf das "punctum“ zu: "Um das punctum wahrzunehmen, wäre mir also keine Analyse dienlich“ (BARTHES 1980, S. 285). BARTHES räumt zum einen der Instanz der Rezipienten und seinen autonomen, auch unplanbaren Aneignungsweisen einen entscheidenden Stellenwert ein. Zum anderen weist er auf den für qualitative Forschung bedeutsamen Umstand hin, dass die Fotografie als Überraschung, Irritation und Störung (vgl. PEEZ 2000) Betrachtender einen wichtigen Stellenwert einnimmt, weil sie in der ihr eigenen konstitutiven Charakteristik eine prinzipielle Offenheit und Polyvalenz bieten kann. Qualitative Empirie wird durch den Einsatz von Fotografien in einer Weise beflügelt, überrascht und ergänzt, wie es auf verbale Materialien bezogene Forschung nicht leisten kann.

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Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Abb. 3, 4, 5 mit Bildlegenden (MANTHEY 1978, S. 37)
Abb. 2: "Bild 8: Unterstützung – Die Bierkistenbrücke“ (ZACHARIAS 1995, S. 197)
Abb. 3: ohne Bildlegende (SELLE / BOEHE 1986, S. 146)
Abb. 4: DAVID HOCKNEY: "HENRY MOORE Much Hadham, 23rd July 1982″; 53 x 36 cm; zusammengesetzt aus 24 Polaroid-Fotos. Der Maler und Zeichner DAVID HOCKNEY portraitierte den Bildhauer HENRY MOORE, indem er 24 Polaroid-Fotos zu einem ‚ganzen‘ Bild zusammensetzte. Die Persönlichkeit und insbesondere die ‚Sprache der Hände‘ des Bildhauers erschließt sich erst durch die unterschiedlichen Teilansichten.

Anmerkungen

1 Innerhalb dieses Aufsatzes wird die Bezeichnung ‚Fotografie‘ nicht auf die Formen angewendet, mit denen bildnerische Objekte – seien es beispielsweise Kunstwerke oder bildnerische Produkte von Heranwachsenden als Ergebnis von Kunstunterricht – ausschließlich lediglich reproduziert werden. Diesem Aspekt wird in der auf die Fotografie bezogenen Kunsttheorie Beachtung geschenkt (vgl. SONTAG 1980, S. 149, 160; KEMP 1999, S. 34), und er wurde bisher in Bezug auf kunstpädagogische Forschung nicht erörtert, was eine Bearbeitung dieser Thematik – auch angesichts digitaler Reproduktionstechniken dringend geboten erscheinen lässt. Doch Fotografie nimmt hier tendenziell stets die Rolle einer ‚dienenden‘ Reproduktionstechnik ein. Mittels der für qualitative Forschung ergiebigeren Funktion von Fotografie als Dokumentationsmedium von sozialen, kunstpädagogisch initiierten Situationen, von Situationen, in denen Menschen während ihrer bildnerischen Tätigkeit abgebildet sind oder von gestalteten Umwelten, lassen sich Rückschlüsse auf ästhetisch-bildnerische Bedürfnisse und Prägungen ziehen, die den Charakteristika des Mediums Fotografie innerhalb des qualitativen Forschungsprozesses einen größeren Stellenwert einräumen.

2 Hierbei handelt es sich um eine erziehungswissenschaftliche Kategorie, die Johann Friedrich HERBART (vgl. 1802) entwickelte und die in der Geisteswissenschaftlichen Pädagogik eine zentrale Rolle spielte.

3 Vgl. zur nahezu gleichen Thematik, aber mit einem anderen, vornehmlich quantitativem Untersuchungsdesign die Studie "Der Sinn der Dinge. Das Selbst und die Symbole des Wohnbereichs“ (CSIKSZENTMIHALYI / ROCHBERG-HALTON 1989). Auch die Dissertation von UDO ROPOHL "Ästhetisch-kulturelle Praxis in Alltag und Lebensgeschichte eines Arbeiters, einer Sekretärin und einer Kunstamtsleiterin“ (1986) geht vergleichbaren Fragen mittels ähnlicher qualitativer Forschungsverfahren nach.

4 Vgl. erziehungswissenschaftliche Untersuchungen hierzu bei TENORTH / LÜDERS 1994, S. 532; HAUPERT 1994; vgl. MAYRING 31996, S. 33; MOLLENHAUER 1997.

5 Den Forschungsbegriff im Künstlerisch-Didaktischen zu benutzen, ist nicht unüblich. So spricht z. B. der Kunstpädagoge MANFRED BLOHM von "ästhetischer Forschung“ (1997, S. 85) in Bezug auf projektorientiertes Arbeiten, und er listet eingrenzend Merkmale eines "ästhetischen Forschungsprojekts“ (1997, S. 87) auf, in dessen Kontext auch ein "ästhetisches Tagebuch“ (1997, S. 87) geführt werden könne.

6 Vgl. diese Kategorisierung mit den Ergebnissen der qualitativen Untersuchung KLAUS MOLLENHAUERs zum Phänomen "bildnerischer Mimesis“ (1996, S. 75ff.). MOLLENHAUER ermittelt eine ähnliche dreigliedrige Aufteilung (vgl. 1996, S. 97ff.). MEINHARD TEBBEN stellt auch für qualitative Forschung anregende Möglichkeiten des ‚re-konstruktiven‘ und ‚konstruktiven‘ Gebrauchs von Fotografie in der Kunstpädagogik vor (1992, S. 146ff.).

7 "Nicht die Realität wird durch Fotografien unmittelbar zugänglich gemacht, was durch sie zugänglich gemacht wird, sind Bilder“ (SONTAG 1980, S. 157); "(…; G. P.) die Realität wird durch ihre Spuren erfahren.“ (SONTAG 1980, S. 159)

8 "Zentral ist an dieser Stelle der Begriff des Textes, der im Verständnis Oevermanns grundsätzlich nicht an Sprache gebunden ist; vielmehr wird alles, ‚was an Datenmaterial (…) irgendwie bedeutsam werden kann, zunächst (…) als Text‘ (Oevermann 1991, S. 2), verstanden, als Protokoll, das von bewußten Individuen unter Verwendung von Konstruktionsregeln, einer generativen Grammatik, verfaßt wurde und als Träger von Bedeutungs- und Sinnstrukturen menschliche Kommunikation erst ermöglicht.“ (ACKERMANN 1994, S. 200)


Bibliografische Angaben zu diesem Text:

Peez, Georg: Fotoanalysen im Rahmen kunstpädagogischer qualitativer Forschung. In: Ehrenspeck, Yvonne/ Schäffer, Burkhard (Hg.) Film- und Fotoanalyse in der Erziehungswissenschaft. Eine Einführung. Opladen (Leske+Budrich) 2003, S. 289-306