Georg Peez
Die
3-D-Animation eines Hoovercrafts, aus dem Wettbewerbeitrag "Die multimediale
Expo: AMG: Mensch-Natur,Technik" des Multimedia-Teams, des Albertus-Magnus-Gymnasiums
Rottweil (ab 10. Klasse) lässt sich von Benutzenden interaktiv nutzen
und steuern. Die virtuellen Expo-Pavillons lassen sich so gezielt individuell anfliegen und können betreten werden. Die Präsentation bietet einen ansprechenden Einstieg in die dargebotenen Inhalte. |
Multimedia
Multimedia
bezeichnet die computergestützte systematische Integration
von unterschiedlich codierten Angeboten, wie Text, Bild (bewegt
und statisch) und Ton. Die Dynamik, mit der sich die den Begriff
stützende Technik entwickelt, lässt eher eine
Zustandsbeschreibung als eine Definition zu. Durch die
Digitalisierung von Information verwischen die Grenzen zwischen
einst getrennten Kommunikations-, Reproduktions- und
Darstellungsmedien wie Telefon, Faxgerät, Radio, Fernseher,
HiFi-Anlage mit Lautsprecher und Mikrofon, Videokamera,
Fotokopierer sowie Dia- und Tageslichtprojektor. Technische
Voraussetzungen für Multimedia sind heute im Hardwarebereich
neben dem Rechner selbst vor allem Monitor, Lautsprecher, Scanner,
Digitalkamera, Beamer, Sound- und Grafikkarte, Modem, DVD- und
CD-ROM-Laufwerk. Die Hardware-Komponenten sind erst über
jeweils aufeinander abgestimmte spezielle Software
einsatzfähig. Wer heute einen neuen Computer kauft, kann
davon ausgehen, dass viele dieser komplexen Komponentenbezüge
zumindest für die Ausgabe von multimedialen Angeboten
funktionieren.
Präsentation
Präsentationen
sind für Prozesse bildnerischen Arbeitens zentral, meist
stehen sie am – zumindest vorläufigen – Abschluss solcher
Prozesse. Im Vor- und Ausstellen gewinnen Produzentinnen und
Produzenten nicht nur Distanz zu ihren
Arbeits(zwischen)ergebnissen, sondern das Präsentierte wird
Anderen mitgeteilt. In der Schule wird die Rückkoppelung des
eigenen Tuns und seiner Ergebnisse mit den Mitschülerinnen
und Mitschülern, mit der Schulgemeinschaft oder der
Öffentlichkeit Teil des Unterrichts. Kunstunterricht
öffnet sich und bricht aus der Isolation des Schulraumes aus.
Das Präsentierte wird durch seine Zugänglichkeit
kulturell und sozial verfügbar. Der Schritt in die
Öffentlichkeit erhöht die Komplexität. Diese
‚Komplexität des Ernstfalls‘ aktiviert die
Selbsttätigkeit, sie fordert auf, Methoden der
Veröffentlichung und Präsentation zu erkunden,
lässt im Sinne des sozialen Lernens nach Partnern suchen,
motiviert zu handlungsorientiertem Lernen, fordert und
fördert die unterschiedlichen Talente einer Gruppe,
ermöglicht Kooperation und Solidarität (vgl.
Kunst+Unterricht „Kunstunterricht und Öffentichkeit“
183/1994).
Das
Kommunikations- und Gestaltungsmittel, das sowohl die Merkmale von
Multimedia als auch von Präsentationen miteinander verbindet
ist die multimediale Präsentation.
Multimediale
Präsentationen besitzen u. a. das Merkmal, dass sie in
aller Regel interaktiv genutzt werden können, denn sie sind
mittels der Hypermediastruktur aufgebaut (Meyer 1998).
Multimediale Präsentationen sind aber nicht als ein Mix von
Gattungen aufzufassen, sondern die geschilderten Charakteristika
rechtfertigen es, von einem „neuen syntaktischen System mit
eigener Grammatik“ zu sprechen (Groh 1999, S. 288). Hierdurch
werden die Grenzen zwischen rezeptivem und aktivem Mediengebrauch
fließender. Unter qualitativen Gesichtspunkten kommt es
weniger auf die Vielfalt der unter einer Benutzeroberfläche
integrierten Medien an als auf die bedeutungsgerechte,
fallspezifische und sinnvollen strukturellen Verknüpfungen
von Medien und Informationen.
Multimediale
Präsentationen gibt es sowohl online (im Internet) als auch
offline (beispielsweise auf Datenträgern wie Compact Disks).
Während die Inhalte auf der CD-ROM statisch sind und sich
nicht aktualisieren lassen, ist für das Medium Internet die
Dynamik, die Veränderung und Aktualisierung der Inhalte
kennzeichnend. Beide Möglichkeiten kombinierend finden sich
heute von vielen CD-ROMs aus Verbindungen (Links) ins Internet.
Multimediale Präsentationen sind eine neue, sehr flexibel
einsetzbare Darstellungsform von unterschiedlichsten Inhalten.
Aspekte von ihnen tauchen inzwischen in vielfältig auf: in
allen Bereichen des Alltags (Ein- und Verkaufen im Internet;
Computerspiele), des Lernens (Edutainment-Programme; virtuelle
Seminare), der Kommunikation (Videokonferenzen), der
Wissensaneignung (digitale Lexika) und der Kunst.
Inwieweit
beeinflusst Multimedia die Kunstpädagogik? Multimediale
Kunst-Präsentationen findet man etwa seit Mitte der
Neunzigerjahre in Form von CD-ROMs auf dem Software-Markt. Mit
ihnen können Heranwachsende und Erwachsene eine
Zusammenstellung von Kunstwerk-Reproduktionen erkunden (Verweis zu
den Rezensionen in diesem Heft). Kunstvermittlung findet hier
&endash; mit kunstwissenschaftlichen Hintergrundinformationen
versehen und meist spielerisch aufbereitet &endash; hyper- und
multimedial statt (Eden 2000; Peez 2000). Inzwischen ist die
Entwicklung, u. a. durch leistungsfähigere Rechner und
bedienungsfreundliche Autorenprogramme zur Erstellung von
multimedialen Präsentationen (Verweis zur beiliegenden
CD-ROM) so weit vorangeschritten, dass sich Multimedia-Angebote
auch ohne Programmierkenntnisse selbst am heimischen oder
schulischen PC erstellen lassen. Im Kunstunterricht wird diese
Möglichkeit bereits in der Form genutzt, dass Heranwachsende
heute ihre Arbeitsergebnisse und Erkundungen im Kunstbereich nicht
auf ein Poster aufkleben oder als Hausarbeit abgeben, sondern
alternativ hierzu als multimediale Präsentation auf CD-ROM
oder für das Internet aufbereiten. Der Kunstpädagogik
fällt angesichts dieser Entwicklung u. a. die
Herausforderung zu, praxisnahe Konzepte für eine fachgerechte
und sinnvolle Einbindung von multimedialen Präsentationen im
Kunstunterricht zu erstellen.
Das
Erstellen multimedialer Präsentationen kristallisiert sich
als eine Möglichkeit heraus, wie im Kunstunterricht Inhalte
von Produktion und Rezeption aufeinander bezogen und miteinander
verschränkt werden können. Zentral ist hierbei der
Gedanke, dass bei der Produktion von Präsentationen durch die
Schülerinnen und Schüler immer auch Nutzende und deren
Rezeptionsvoraussetzungen und -verhalten mit beachtet werden
müssen. Hierdurch findet rückgekoppelt eine komplexe
Reflexivität der eigenen Wahrnehmung und des gestaltenden
Tuns innerhalb der Produktionsphase statt.
Als
Ausgangspunkt sollte man sich die faktischen Bedingungen und
potenziellen Möglichkeiten der zu nutzenden bildnerischen
Mittel bzw. Medien bewusst machen. Diese beeinflussen das
gestalterische Tun selbstverständlich unmittelbar. Für
die Gestaltung mit Multimedia ist nicht nur die
Prozessualität des Mediums charakteristisch, sondern vor
allem die Optionsvielfalt der interaktiven Nutzung durch die
Hypermediastrukturen. Während der Film beispielsweise eine
lineare Prozessualität bietet, ermöglicht Multimedia die
interaktive Prozessualität (Groh 1999, S. 288f.).
Kriterium
für die Wahl eines Themas für den Kunstunterricht ist
nach einem kompakten didaktischen Modell Gunter Ottos, dass durch
ein Thema und die Herangehensweisen an dieses eine
„Sättigung zahlreicher, sonst eher chronologisch oder
systematisch behandelter Einzelaspekte“ (Otto 1994, S. 58)
ermöglicht wird. Zugleich plädiert Otto für
„ein ästhetisches Verständnis“, „das
inhaltlich über die Künste hinausweist und
Alltagsdimensionen (…) in die Verfahren einbezieht.“ (Otto 1994,
S. 58) Das Erstellen von Präsentationen im Allgemeinen ist
nach diesen Kriterien äußerst ergiebig, denn es
werden
•
ästhetische Prozesse in Gang gesetzt, z. B.
Recherchieren, Sammeln, Auswählen, Dokumentieren,
Interviewen, Präsentieren.
•
Theoretische Aspekte erhalten im eigenen Tun eine Bedeutung,
z. B. Quellenstudium, historische Rekonstruktion,
Zusammenhänge aufdecken, Kultur und Geschichte als subjektive
Collage.
•
Soziale Prozesse sind initiiert, z. B. Zusammenarbeit,
Verteilung von Aufgaben nach individuellen Kompetenzen,
Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei parallel bearbeiteten
Fragestellungen aufdecken, Lernen voneinander (peer tutoring), die
Erfahrung, dass eine mediale Präsentation eigentlich nur im
Team entstehen kann.
Multimediale
Präsentationen im Besonderen bieten
darüberhinaus:
•
die Möglichkeit des Konzipierens und Umsetzens von
Hypermediastrukturen, die einen interaktiven Umgang mit der
Präsentation bedingen und hierdurch ein Nachdenken über
die Wechselbeziehungen zwischen Produktion und Rezeption anregen.
•
Sie bieten eine große orts- und zeitungebundene
Zugänglichkeit, wenn das Internet als Medium genutzt wird.
Für den Austausch von Einzelteilen beim Erstellen der
Präsentation können die Dateien über das Netz
verschickt werden. Hausaufgaben können in dieser Weise
kooperativ und zeitsparend erledigt werden. man muss für die
Bearbeitung auch kleiner Zwischenschritte nicht warten, bis man
sich in einer Woche im Unterricht wiedersieht.
•
Inhalte und Verknüpfungen der Präsentation lassen sich
immer verändern bzw. aktualisieren.
•
Unterschiedliche Medienelemente, wie Bild, Bewegung und Ton,
lassen sich durch ihre Digitalität miteinander und in
Beziehung zueinander auf einer Bildschirmoberfläche
komfortabel verarbeiten. Sie sind bereits bei der Gestaltung
variabel miteinander zu koppeln.
•
Der produktive Umgang mit Multimedia stärkt kulturelle und
gestalterische Kompetenzen gerade auch in Bezug auf die Arbeit
innerhalb eines Teams.
Literatur
Eden,
Karl-Heinz: Struktur und Sceen-Design am Beispiel der CD-ROM
„Max Beckmann“. In: Zacharias, Wolfgang (Hg.): Interaktiv.
Medienökologie zwischen Sinnenreich und Cyberspace. Neue
multimediale Spiel- und Lernumwelten für Kinder und
Jugendliche. München (KoPäd Verlag) 2000, S.
269-275
Groh,
Rainer: Das Bild der Logik – Zur Syntax der in multimedialen
Anwendungen eingesetzten Bilder. In: Sachs-Hombach, Klaus/
Rehkämper, Klaus (Hg.): Bildgrammatik. Interdisziplinäre
Forschungen zur Syntax bildlicher Darstellungsformen. Magdeburg
1999, S. 287-296.
Meyer,
Torsten: Neue Medien – Neue Ordnungen. In: Kirschenmann, Johannes/
Peez, Georg (Hg.): Chancen und Grenzen der Neuen Medien im
Kunstunterricht. Hannover 1998, S. 26-31.
Otto,
Gunter: Das Ästhetische ist „Das Andere der Vernunft“. Der
Lernbereich Ästhetische Erziehung. In: Friedrich Jahresheft
1994, S. 56-58.
Peez,
Georg: Kunst für Kinder – hypermedial. Eine kunstdidaktisch
orientierte Analyse. In: BDK-Mitteilungen, 3 / 2000, S.
33-36.
Peez, Georg: Multimediale
Präsentationen. Eine Begriffseingrenzung.
In: Kunst+Unterricht 257 / 2001, S. 10-11