Rezension von Dr. Fritz Seydel zu: Fotografien in pädagogischen Fallstudien. Sieben qualitativ-empirische Analyseverfahren zur Ästhetischen Bildung. München (kopaed) 2006 |
In der qualitativ-empirischen Forschung gibt es inzwischen reichlich Erfahrung mit der Interpretation von Texten. Ziemlich am Anfang steht dagegen der Diskurs zur Analyse von Bildmaterial in erziehungswissenschaftlichen Forschungsprojekten. Während Wortfolgen Informationen in einer gewissen Chronologie liefern, bieten Bilder komplexe Informationen „auf einen Schlag“, haben etwas „Erschlagendes“ – erst recht, wenn sie im Film dicht aufeinander folgen. Eigentlich ist es erstaunlich, wie zurückhaltend die Kunstwissenschaften ihre Erfahrungen im Umgang mit Bildern in diesen Diskurs einbringen.
Umso erfreulicher ist das neue Buch von Georg Peez, der sich mit einer „Zwischenbilanz“ (S. 31) aus kunstpädagogischer Sicht einmischt. „Wie sind die Simultanität einer Fotografie und die Sequenzialität eines sprachlichen Textes aufeinander zu beziehen?“, fragt er (ebd.). Der Autor zeigt spezifische Zugänge zu Bildern auf. Er stellt Sequenzanalysen auf Grundlage der Objektiven Hermeneutik vor, thematisiert das Erfassen von Blickbewegungen oder die Methode des „Lauten Denkens“, beschreibt Möglichkeiten der ikonographischen und ikonologischen oder der phänomenologisch, biografisch und sozialwissenschaftlich orientierten Fotoanalyse.
Für Einsteiger in die qualitativ empirische Forschungspraxis liefert das Buch eine konzentrierte Einführung und viele praktische Tipps – vom Datenschutz bis zu technischen Fragen zum Untersuchungsinstrumentarium.
Wie schon bei den vorausgegangenen Veröffentlichungen von Georg Peez zur Praxis der qualitativ-empirischen Forschung in der Kunstpädagogik lässt sich auch dieser neue Band auf einer zweiten Ebene lesen. Die Fallstudien sind nicht nur als methodische Exempel sehr nützlich, sondern liefern einen wertvollen Beitrag zur kunstpädagogischen Unterrichtsforschung. Das Buch stellt Untersuchungsergebnisse zur Praxis des Kunstunterrichts vor: zur werkstattorientierten Arbeit mit analogen und digitalen Medien, zu Problemen der Bewertung und zur Förderung kompensatorischer Aspekte im Kunstunterricht oder zum „Schmieren“ von Kleinkindern. Einschulungsfotos werden im Kontext biografischer Arbeit in der Lehrerbildung untersucht.
Das Buch überzeugt in seiner forschungsmethodischen Stringenz, in der Gründlichkeit zum Detail fachlicher Problemstellungen und in seiner kritisch differenzierten Darstellung.
Fritz Seydel
erschienen in: BDK-Mitteilungen 3 / 2006, S. 41