Rezension von Dr. Jörg Grütjen zu: Goritz, Christoph / Michaelis, Margot / Peez, Georg (Hg.): Werkstatt KUNST. Band 2. Schulbuch für die Klassenstufen 7 bis 10. Braunschweig (Schroedel Verlag) 2014

Rezension von Dr. Jörg Grütjen zu:

Goritz, Christoph / Michaelis, Margot / Peez, Georg (Hg.): Werkstatt KUNST. Band 2. Schulbuch für die Klassenstufen 7 bis 10. Braunschweig (Schroedel Verlag) 2014

Pluralistischer Ansatz mit vielfältigen Zugriffsweisen

Die Sprache von „Werkstatt KUNST 2″ ist lobenswert altersgerecht und anschaulich – leider keine Selbstverständlichkeit bei Schulbüchern für diese Altersstufe im Fach Kunst: Die Wörter sind geläufig, fachsprachliche Begriffe werden dagegen fett gedruckt und im Anhang erläutert. Es gibt viele leseerleichternde Formen der Binnengliederung, wie etwa Textkästen, Materiallisten oder Aufzählungen mit Tipps. Einleitende Überblicksseiten bereiten auf den Inhalt des folgenden Kapitels vor (in der Sprache von Schulbuch-Gestaltern: „Advance Organizer“). Die Sachinhalte wirken gut und dem Alter gemäß ausgewählt, die didaktischen Reduktionen gelungen. Immer wieder wird an jugendliche Lebenswelten angeknüpft, ohne dass es anbiedernd wirkt. Die Arbeitsaufträge sind hilfreich formuliert.
Verwirrende Layout-Spielereien, wie leider manchmal charakteristisch für Kunst-Schulbücher, wurden bei Werkstatt KUNST 2″ vermieden. Das Bild-Text-Gefüge ist ausgewogen, Wort und Abbildungen ergänzen sich sinnvoll und werden nicht durch das Layout gegeneinander ausgespielt. Die Seiten wirken meistens weder textlastig, noch wird verquält angestrengt versucht, die Anmutung eines Kunstkatalogs nachzuahmen.
Auch ist häufig bei Schulbüchern im Fach Kunst zu beobachten, wie sich durch das Layout ein wertendes Gefälle zwischen Reproduktionen von Kunstwerken und anderen Abbildungen, die eher der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler zuzuordnen sind, etabliert: Kunstwerke werden meist aufwertend groß reproduziert, während anders geartete Abbildungen oft nur dienende Funktion haben und wesentlich kleiner ausfallen. Das wertet implizit oft die Alltags- und Lebenswelt sowie das kulturelle Umfeld der Lernenden ab. Genau solch ein Gefälle wird zum Glück bei „Werkstatt Kunst 2“ vermieden: Bei Giottos „Gefangennahme Christi“ (um 1303) etwa wirkt das verräterisch grelle Gelb des Umhangs von Judas gleichgewichtig zu korrespondierenden Farbtönen weiterer Abbildungen der Seite – etwa zum Signal-„M“ von McDonald´s, dem Batman-Logo, einer gelben Ampel oder dem bekannten Radioaktivitäts-Symbol (S. 46-47).
Die 13 Kapitel sind thematisch orientiert (etwa „Filme und ihre Sprache“ oder „Drucken ist ein Abenteuer“). In Verbindung mit dem Doppelseitenprinzip lassen sich Chancen für Binnendifferenzierung arrangieren: Wahlmöglichkeiten und die Eröffnung von persönlichen und vielfältigen Zugriffsweisen werden bei zunehmend heterogener werdenden Lerngruppen immer wichtiger. Beim Kapitel „Lebensraum Stadt“ etwa gibt es Doppelseiten zu folgenden Themen: Wohnstile (mit unterschiedlichen Wohnzimmer-Aufnahmen), eine Gegenüberstellung von „Gründerzeithaus und Neuem Bauen“, romanischen in Kontrast zu gotischen Kirchen oder urbanen „Interventionen“ wie zum Beispiel „Guerilla-Gardening“. So wird das Buch dem Anspruch des titelgebenden Begriffs „Werkstatt“ gerecht, denn es orientiert sich mit seinem betont pluralistischen Ansatz am ehesten an werkstatt- und subjektbezogenen Konzepten.
Ein Lehrerband ist in Vorbereitung und wird für den Februar angekündigt. Dieser zweite Band der Reihe folgt stringent dem Werk zu den Klassenstufen 5 und 6.

erschienen in: BDK NRW Rundbrief. Frühjahr 2015, S. 26