Rezension von Prof. Dr. Frank Schulz zu: Georg Peez: „Ich möchte Nebel malen lernen.“ Theorieelemente erfahrungsoffenen Lernens in der kunstpädagogischen Erwachsenenbildung. Frankfurt a. M. (Dipa Verlag) 1994 |
Theorie entsteht aus Praxis
Einerseits wächst das Bedürfnis vieler Menschen, in ihrer Freizeit Sinnerfüllung in der eigenen bildnerischen Tätigkeit zu suchen und sich dafür entsprechend fortzubilden. Andererseits spielt die bildnerische Tätigkeit von Laien in der kunstpädagogischen Theoriebildung kaum eine Rolle, so daß auch entsprechende didaktische Konzepte fehlen. Die Analyse dieser Situation bildet für den Autor den Ausgangspunkt für seine Studie zur kunstpädagogischen Erwachsenenbildung, die als gelungenes Pilotprojekt zur Überwindung des beschriebenen didaktischen Notstands anzusehen ist.
Da die pädagogische Praxis der Theoriebildung also weit vorausgeeilt sei, setzt sich Peez mit seiner Untersuchung das erstrangige Ziel, „nach einer eingehenden Analyse der gesellschaftlichen und individuellen Rahmenbedingungen der kulturellen Bildung handlungsorientierte Ansätze für die kunstpädagogische Erwachsenenbildung“ zu entwerfen (S. 12). Und diesem Anspruch wird Rechnung getragen.
Herausgekommen ist jedoch kein trockenes Theoriegebilde, sondern ein spannendes Buch, das seine Lebendigkeit vor allem durch die theoretische Reflexion reicher Praxiserfahrung erfährt. Es bewegt sich zudem auf einem festen Fundament von Einsichten in die kunstpädagogische Theoriediskussion, was ein Blick in das reiche Literaturverzeichnis bekräftigt.
Das Buch ist systematisch gegliedert, womit zugleich die „tragenden Säulen“ des von Peez gewonnenen Theorieansatzes markiert werden: sie beziehen sich auf grundlegende Aspekte zu erfahrungsoffenem Lernen, auf die Rahmenbedingungen für die kunstpädagogische Erwachsenenbildung, auf die Persönlichkeit der Teilnehmer und Leiter entsprechender Kurse, auf konzeptionelle Ansätze zur Vorbereitung und Durchführung der Kurse sowie auf die Analyse der konkreten Kursbedingungen.
Für jeden, der in irgendeiner Weise in die kunstpädagogische Erwachsenenbildung einbezogen ist, der nach Erfahrungen fragt, die andere schon gemacht haben, der Anregungen für die Entwicklung eines eigenen Konzeptes benötigt, der wissen will, welche sozialen Bedingungen und psychologischen Besonderheiten dabei berücksichtigt werden sollten, welche Methoden und Arbeitsweisen in der kunstpädagogischen Erwachsenenbildung angebracht sind, wer Aufschlüsse über die Motivationen, Erfahrungs- und Lernbedürfnisse der Kursteilnehmer braucht und Hinweise zur Bewertung ihrer bildnerischen Leistungen – für den wird das Buch ein unentbehrliches Arbeitsinstrument.
erschienen in: Kunst+Unterricht Heft 186 / 1994, S. 8